Die Vögte
von Roermond
Ch.Ruijs-Janssen
Übersetzung: Detlef Claessen
Wenn
man sich mit der Geschichte von Roermond befasst, kommt man an Begriffe
wie "Die Vögte von Roermond" oder "Die Vogtei"
nicht vorbei. Also wird es Zeit, mal zu untersuchen, was damit eigentlich
bezeichnet wird, aber das wird schwerer, als man das auf den ersten
Blick erwachtet, weil diese Vogtei bereits in einer Zeit entstanden
zu sein scheint, von der kaum noch Dokumente vorhanden geblieben sind.
Man muss dazu weit zurückreisen, bis in die Entstehungsgeschichte
der Stadt Roermond.
Die Entstehung
der Vogtei ist in Nebel gehüllt. Auf einer Anhöhe an der Rur,
die an der Stelle gelegen hat, die heute noch bekannt ist als "BuitenOp"
auf der wahrscheinlich (schon vor dem 11. Jahrh.) eine Kirche gestanden
hat, (das war das alte Sint-Christoffelkirchlein, oder auch "Moderkircke"
genannt) und dort ist eine erste gemeinsame und dauerhafte Siedlung
um die Kirche herum entstanden. Drei Dinge lassen vermuten, dass das
Kirchlein ursprünglich eine sogenannte "Eigenkerk" war:
(a) Die Lage des alten Sint-Christoffelkirchleins nahe der alten Vogtei
"Buiten Op",
(b) die Tatsache, dass die Vögte im 13. Jahrh. die "Roermondschen"
Pastoren ernannten, und
(c) die Tatsache, dass die Vögte einen Teil des "Zehnten"
erhielten.
Die Stiftung einer "Eigenkerk" war ein Trick der Edelleute,
die selbst vom "Zehnten", profitieren wollten, um damit die
Pastoren zu bezahlen. Ob das Kirchlein älter war als Roermond (also:
vor dem 12. Jahrh.), ist nicht bekannt. Wenn es in der Tat eine "Eigenkerk"
war, so kann sie älter gewesen sein. Die Vögte verschwanden
erst gegen Ende des 12. Jahrhunderts. Sie waren damals Ministerialen
(Beamte) im Dienste des Grafen von Geldern. Ihre Funktion war wohl die
Beschützung des gräflichen Zolls an der (alten) Maas. Ministeriale
waren "Unfreie" die durch ihre Funktion (so um 1200) langsam
einen adeligen Status erwarben. Das soll bei den Roermondschen Vögten
auch so gewesen sein. Die Mitglieder der ersten Vogtfamilien waren Equites
(Ritter, neuer Adel mit niederem Status) und keine "Edlen"
(Edelherren des wahren alten Adels). Die Vögte besaßen die
Vogtei als Lehen des Grafen, später Herzog von Geldern. Sie hatten
weltliche Funktionen, anders als die vielen geistlichen Vögte.
Wie diese weltlichen Vögte an ihre Rechte, zum Beispiel an die
der Pfarrkirche von Sint–Christoffel kamen ins unklar. Aber gemäß
den Aussagen der Historiker, wie J. Linssen und Gerard Venner, ist es
wilde Spekulation zu unterstellen - wie Pater Immanuel Janssen es getan
hat - , dass der Vogt von Roermond ursprünglich ein geistlicher
Vogt aus der "Fränkischen Zeit" war, der die Immunität
(Ausnahmestellung) der Sint-Christoffelkirche beschützen musste.
Die Vögte
wurden im Laufe der Zeit nicht (ohne weiteres) mächtiger. Mit der
Entstehung der Stadt Roermond büßte ihre Funktion eher an
Bedeutung ein. Es war mehr so, dass die zweite Vogtfamilie, die Van
Vlodrops, neben der Vogtei noch einige andere Besitzungen und Funktionen
erwarben, worunter das Jagdrecht im Elmpterbos, dem Laathof van Asselt,
den "Zehnten" vom Graeterhof, einen Teil von der Herrlichkeit
Leeuwen, der Herrlichkeit Leut und noch das eine und andere. Zur Vogtei
gehörten "de Molengriend" und "de Polak onder de
Roermondse Weerd", zusammen mit dem Haus Daelenbroeck, wo sie später
residierten.
Die Erbvögte
(dieser Titel war erblich) waren sehr mächtige Leute, ein Vorbild
davon war Willem van Vlodrop II. Erbvogt von Roermond von 1447 bis 1493.
Er war Erbvogt von Roermond, hatte Besitzungen in Orsbeck, besaß
Kastell Elsum, war Amtmann von Wassenberg, Drossard des Amtes Montfort
und Erbfeldmarschall von Geldern! Er machte auch eine Pilgerfahrt zum
H.Land in 1450.
Mit dem Einzug
der Franzosen kam es zum Ende dieser Jahrhunderten alten Institution.
Aber die Nachfahren des letzten Erbvogtes, die Familie Overschie van
Neerysche, tragen bis auf den heutigen Tag noch immer den Titel van
"Erbvogt von Roermond"!
Wie wir nun sehen konnten, lag die Vogtei ursprünglich auf dem
"BuitenOp". Dieser Hügel wurde aus strategischen Gründen
abgetragen und die Kirche wurde verlegt auf ihren heutigen Platz an
dem Markt. Die Vogtei wurde dan auch verlegt zum Venloer Tor, am heutigen
Wilhelminaplein und Umgebung. Im Zusammenhang mit den Bauplanungen dort,
sollen archäologische Ausgrabungen vorausgehen und man hofft, noch
Reste des alten Vogtgebäudes zu finden.
Mit Dank an:
Hans vd Mortel, Gerard vd Garde, Hans vd Griend, Jan de Bock und Frans
Wetzels.
21-04-2006